Kein „Hitzefrei“
Diese Woche hatte ich gleich zwei Präsenztrainings. Musste kurzfristig für eine ausgefallene Kollegin einspringen. Bei diesem Kunden werden die Seminare nach Möglichkeit mit zwei Trainern durchgeführt, da wir meist über 12 Teilnehmende dabei haben. Beim einen Seminar ging es um das Thema Psychische Gefährdungsbeurteilung im Unternehmen. Was dazu nötig ist und wie man diese durchführt. Die Teilnehmenden lernten dabei verschiedene Verfahren kennen, mit denen man die Analyse durchführen kann, aber auch, wie der gesamte Prozess abläuft. Von Anfang bis zum Ende. Wir mussten mal wieder feststellen, dass diese für die Unternehmen verpflichtende Aufgabe leider doch sehr selten durchgeführt wird. Wenn wir den stetigen Anstieg der psychischen Erkrankungen betrachten und vor allem, wie lange ein Beschäftigter dabei ausfällt, sollte es doch mit ein oberstes Interesse des Unternehmens sein, dies zu erfassen, um Präventionsmaßnahmen zu schaffen.
Das zweite Seminar war für die Zielgruppe Führungskräfte. Was kann/muss/sollte eine Führungskraft tun, um seine Beschäftigten gesund zu führen? Also ein ähnlich gelagertes Thema. Bei beiden Gruppen konnten wir eine ausgesprochen hohe Aktivität und Mitarbeit beobachten. Nach diesen zwei Jahren überwiegend online-Trainings hatten sowohl wir als Trainer, wie auch die Teilnehmenden große Freude beim Austausch und gemeinsamen Erarbeiten von Inhalten. Auch die Gespräche in den Pausen, beim Spaziergang, das gemeinsame Bier oder der Wein am Abend, waren eine echte Bereicherung für alle. In beiden Seminaren fand jeweils am zweiten Tag eine bewegte Pause statt, zu der ein Trainer mit praktische Übungen machen lies. Bei der Hitze war dies eine echte Herausforderung. Aber alle haben durchgehalten.
Mit allen Sinnen wahrnehmen
So gerne ich auch online arbeite. Die Atmosphäre, die bei einem Präsenztraining entsteht, kann meines Erachtens kein online-Tool herstellen. Den Menschen in seiner ganzen Person mit all seinen Sinnen wahrzunehmen, hat eben doch eine andere Qualität als nur das Gesicht und die Stimme. Den Blick im Raum schweifen zu lassen, die Temperatur (wir haben heftig geschwitzt), das Einschenken des Wassers ins Glas, das Geräusch des Schreibens auf den Pinwandkarten. Alles Eindrücke, die Online verloren gehen. Die Zusammenarbeit mit den beiden Kollegen, die ich übrigens vorher nicht kannte, war super. Wir haben uns sehr gut ergänzt. Jedenfalls waren unsere Teilnehmenden total begeistert. Das freut und ehrt uns natürlich. Denn genau das wollen wir ja erreichen, dass die Beteiligten nicht nur Wissen und Ideen mitnehmen, sondern auch mit Freude und Begeisterung dabei sind.
Ick fahre nach Berlin, Berlin …
Auf dem Rückweg nach Hause bin ich diesmal über meine alte Heimat gefahren. Zwölf Jahre habe ich mit meinem Sohn in Berlin gelebt und seit vier Jahren war ich nicht mehr da. Tja, was war das für ein emotionales Gefühl, als ich in Zehlendorf abgefahren und diese lange Straße in die Stadt hineingefahren bin. Wir haben im Stadtteil Lichterfelde gelebt. Eigentlich hat es sich dort immer wie in einem Dorf angefühlt. Nur die hohen Häuser passten nicht zu diesem Eindruck. Obwohl ich von der langen Fahrt, dem Stau und Platzregen ein wenig erschöpft war, bin ich kurz in meinem zweiten Wohnzimmer eingekehrt. Das ist ein italienisches Feinkostgeschäft und war viele Jahre ein samstäglicher Treff zum Frühstück mit Freunden. Hier wurde geklönt, gelacht, getröstet, gefeiert, gegessen, eingekauft … Jeden Samstag war dies für viele zu einem Ritual geworden und ist es immer noch. Nur halt ohne mich. Das war übrigens etwas, was ich, als ich von Berlin wegzog, wirklich sehr vermisst habe. Diese Atmosphäre, die durch seinen Besitzer Biagio, seine Familie und sein Personal verbreitet wurde und immer noch wird, ist etwas, das man heute sehr selten findet. Man fühlt sich dort in einer großen Familie aufgehoben. Schade, dass ich ihn und seine liebe Frau nicht angetroffen habe. Sie sind beide in einem wohlverdienten Urlaub. Was bei den beiden lange nicht vorgekommen ist.
Dann habe ich noch meine ehemaligen Nachbarn überrascht und Glück gehabt, dass sie noch da waren. Die Beiden sind nämlich begeisterte Radtourenfahrer. Diesmal haben sie sich drei Wochen Elbradweg vorgenommen. Von Magdeburg bis zum Ursprung der Elbe. Dann haben sie die ganze Elbe mit dem Rad abgefahren. Die anderen Teile waren nämlich schon früher dran. Auch meine anderen Freunde von damals habe ich noch getroffen. Bei wem es eben möglich war. Und es war wieder wie in alten Zeiten. Man klönt, tauscht sich über das Neueste aus, sieht, dass das eine oder andere graue Haar hinzugekommen ist und herzt sich. Es war für mich wie ein Nachhausekommen. Zwölf Jahre im Leben sind doch sehr prägend. Und ich habe mich hier auch immer sehr wohlgefühlt. Auf der einen Seite hatte ich die große Stadt, auf der andern fühlte ich mich doch sehr geborgen im Stadtteil. Es hat sich hier nichts verändert. Der Markt ist wie eh und je da, die Gesichter auf der Straße sind auch sehr bekannt und die Geschäfte haben sich nur wenig reduziert. Die Eisdiele mit dem obergeilen Orangeneis, das Beste, was ich je gegessen habe, der Dönerladen, das Modegeschäft an der Ecke, das schon immer aus der Zeit gefallen schien, alles wie gehabt. Heute fahre ich wieder ab. Die zwei Tage waren sehr schön und haben mich auch emotional berührt. Mal sehen, wann ick mal wieder nach Berlin komme.
Learnings diese Woche:
- Präsenztrainings können eine Bereicherung für Teilnehmende und Trainer sein
- Der Wert einer Freundschaft kann durch nichts ersetzt werden
- Heimat ist da, wo man sich wohlfühlt. Und das können ganz viele und verschiedene Orte sein