Ganz ehrlich: Als ich das Experiment vor einem Jahr gestartet habe, wusste ich nicht, ob ich das tatsächlich durchhalten werde. Man weiß ja nie, vor welche Herausforderungen man bei einem Projekt – egal was für eins das ist – gestellt wird. Hinzu kam, dass ich eigentlich noch nie in meinem Leben eine Campernatur in mir gespürt hatte. Aufgrund meines Berufes war ich zwar das ganze Jahr mehr oder weniger unterwegs, allerdings bin ich da immer in Hotels abgestiegen. Ohne eine kuschelige Wohnung, wo man sich mal zurückziehen kann – auch bei schlechtem Wetter – das war eine der vielen Herausforderungen. Nun ist das Jahr vorbei und ich ziehe mein Resümee.

  • Was war gut?
  • Wie lief das mit dem Arbeiten im Van?
  • Was war schwierig?
  • Was würde ich nicht mehr machen?
  • Was habe ich gelernt?
  • Wie geht es weiter?

Mit diesen Fragen werde ich mich jetzt auseinandersetzen.

Was war gut?

Zunächst einmal habe ich neben vielen Städten, Ländern und Landschaften auch unglaublich schöne Beziehungen unterwegs erlebt. Fremde Menschen kennengelernt, die zu Freunden wurden. Ebenso eine große Hilfsbereitschaft, wenn ich mit irgendetwas nicht klargekommen bin. Beeindruckt war ich von der Vielfalt, die mir unterwegs begegnet ist. Den fremden Kulturen, Menschen, Gerüchen, kulturspezifischen Gerichten – zumindest habe ich immer versucht, das zu essen, das auch die Einheimischen zu sich nehmen. Besonders beeindruckt war ich von der Vielfalt der Landschaft, von unserer wirklich wunderbaren Erde, wo mich der eine oder andere Sonnenauf- oder -untergang zu Tränen gerührt hat. Ich hatte das Privileg, Natur pur zu erleben. Früh am Morgen am Meer oder durch Oliven- und Orangenhaine zu spazieren. Mitten im nirgendwo aufzuwachen und einfach nur das Dasein zu genießen.

Es war ja auch in gewisser Weise eine Reise zu mir selbst. Wenn man so ganz auf sich allein gestellt ist, immer wieder neue Stellplätze finden und mit den Gegebenheiten vor Ort klarkommen muss, werden einem die eigenen Muster so richtig vor Augen geführt. War spannend, mich selbst zu entdecken. Traut man sich, fremde Menschen anzusprechen? Da habe ich nun wirklich kein Problem. Wie ist das mit der Sprache? Eigentlich wollte ich Spanisch lernen, aber ich kam ja auch gut mit Deutsch und dem Deepl-Übersetzer klar. Je länger ich unterwegs war, umso mehr Deutschen, Holländern, Engländern oder Belgiern bin ich begegnet. Also reichten Deutsch und Englisch völlig aus. Und so ein paar Sätze Spanisch habe ich dann doch noch gelernt. Einfach auch nur, um den Einheimischen meinen Respekt zu zollen.

Es gab nicht wenige Situationen, in denen ich über mich selbst schmunzeln musste. Viele fragen mich übrigens, ob es Situationen gab, in denen ich Angst hatte. Nein, nur einmal war mir komisch, aber das habe ich in meinem Blog der Woche 42 und 43 schon geschrieben.

Mein Van Bruno hat mich durch die beeindruckenden Bardenas Reales geführt, durch überflutete und besonders kurvenreiche Straßen in Portugal, hat sich Offroad super geschlagen und mich nie im Stich gelassen. Auch die engsten Gässchen und Straßen waren kein Problem, obwohl ich da manches Mal Millimeterarbeit leisten musste, da mir Google zwar den kürzesten, aber nicht unbedingt den besten Weg gezeigt hat. Ich hatte auch viele wunderschöne Strecken mit dem Roller befahren und mir dabei viel Fahrpraxis angeeignet. Schließlich habe ich das Teil erst seit einem Jahr. Zudem muss man sagen, dass ich die Spanier als ausgesprochen rücksichtsvolle Verkehrsteilnehmer erlebt habe. Mit Vergnügen habe ich mir auf über 1200 Meter die Luft um die Nase wehen lassen, bei bestem Sonnenschein die schönsten Berge Spaniens befahren und mich durch Städte wie Albufeira, Almeria, Cordoba, Girona, Valencia und viele andere mit dem Roller bewegt. Fünf- bis sechspurige Straßen und Kreisel sowohl mit Bruno wie auch mit dem Roller ohne Schaden überlebt.

Die wichtigste Erkenntnis für mich war jedoch, dass ich das Nomadenleben in dieser Zeit als ganz normal empfunden habe. Es war nichts Fremdes oder Unbekanntes. Im Gegenteil, diese Freiheit, selbst entscheiden zu können, ob ich an Ort und Stelle bleibe oder weiterziehe, war für mich tatsächlich befreiend.

Gut war auch, dass ich zwei bis drei Stationen in Deutschland hatte, die ich immer wieder angefahren habe. Denn den ganzen Sommer über war ich ja hie. Das gab eine gewisse Beständigkeit und ich konnte von dort meine Kunden recht gut anfahren. Zudem war dies emotional für mich wichtig, da ich hier mit lieben Freunden zusammen war, was mir einfach gutgetan hat. Dafür bin ich wirklich sehr dankbar.

Wie lief das mit dem Arbeiten im Van?

Was das Arbeiten im Van anbelangt, konnte ich für mich feststellen, dass ich sehr produktiv arbeiten konnte. Meine Arbeitszeiten und Meetings habe ich so geplant, das ich genügend Zeit für einen Ausflug mit oder ohne Roller, einen Spaziergang oder einfach einen guten Austausch mit andern haben konnte. Im Van war ich total ungestört und meine Konzentration war auf die Arbeit gerichtet. Coachinggespräche vorbereiten und per Teams durchführen, aber auch meine Präsenztrainings in Deutschland ließen sich gut mit diesem Leben vereinbaren. Manchmal bin ich sogar aus dem Seminarhotel in mein eigenes Bett geflüchtet und habe das Hotelzimmer nur zum Duschen genutzt. Ich jedenfalls schlafe am liebsten in meinem eigenen Bett.

Da ich alles auf digital umgestellt habe, selbst die Buchhaltung, mache ich alles nur noch online, habe also mein Papier auf ein Minimum reduziert. Früher hatte ich massenhaft Ordner mit Unterlagen. Das hat sich jetzt erledigt. Meine Seminarteilnehmer erhalten die Unterlagen schon seit einigen Jahren nur noch als PDF-Datei. Das hat für sie den Vorteil, dass sie diese schnell auch mal von unterwegs einsehen können und sie nicht irgendwo in der Versenkung verschwinden.

Im letzten Jahr habe ich auch meinen HeckenGespräche Podcast gestartet. Meine Reise habe ich unter anderem auch dazu genutzt, interessante Menschen zu interviewen. Eine schöne Erfahrung war für mich das Arbeiten bei rayaworx auf Mallorca. Doris und Rainer Schuppe leben seit Jahren in Santanyí und betreiben dort einen Coworking-Space. Doris kannte ich bis dato nur online und konnte beide nun endlich mal persönlich kennenlernen. Es war eine wunderbare Zeit dort. Im Übrigen hat es mir auf Mallorca tatsächlich am bestem gefallen. Allein schon landschaftlich war dies gut für meine Seele. Danke hier auch an Ferdinand und seine Familie, dass ich für diese Zeit auf ihrer Finca stehen durfte. Es ist eine wunderbare und vielseitige Insel mit traumhaften Buchten, viel Grün und hohen Bergen.

Was war schwierig?

Am Anfang fand ich alles erst mal neu, musste mich erst mal einfädeln in dieses Leben. Die Temperaturen im letzten April und Mai waren ok. Aber im Sommer gab es doch den einen oder andern Tag, wo die Temperatur im Van auf über 48 Grad stieg. Da ich den Wagen gebraucht gekauft hatte und meine Vorgängerin auf eine Markise verzichtet hatte, war es manchmal schon eine Qual. Trotzdem habe ich mich wohlgefühlt. Je länger ich mich mit den Gegebenheiten im Van auseinandergesetzt hatte, umso mehr gelang es mir, mich auf dieses Leben einzulassen. Schwierig war sowohl in Deutschland wie auch auf meiner 4-monatigen Reise durch Frankreich, Spanien, Portugal und Mallorca die Ver- und Entsorgung. Auf Mallorca musste ich aufgrund des dortigen nicht trinkbaren Wassers literweise aus Gallonen Frischwasser in meinen Tank füllen. Manchmal musste ich auch viele Kilometer fahren, um die Toilette zu entsorgen. Schlimm fand ich teilweise meine Reisezeit durch Portugal. Dort hat es leider überwiegend geregnet und ich freute mich über jeden Sonnentag. Daher ist mir Portugal leider nicht besonders gut in Erinnerung geblieben. Ein positives Erlebnis dort. Nach langem Suchen bin ich in einer Klinik gelandet, um mir ein Grieskorn aus dem Auge entfernen zu lassen. Und ich muss sagen: Tolle Behandlung in der Klinik. Nur der Weg dorthin war etwas beschwerlich, aber konnte dann doch noch gelöst werden. Ein sehr freundlicher Straßenreiniger hat mir für die Rückfahrt ein Taxi gerufen, weil ich doch etwas hilflos an der falschen Stelle stand. So habe ich die Freundlichkeit der Portugiesen kennenlernen dürfen. Wenn ich noch einmal nach Portugal reise, dann mit Sicherheit zu einer anderen Jahreszeit. Der November ist nicht zu empfehlen.

Was würde ich nicht mehr machen?

An dieser Frage hänge ich jetzt erst mal fest. Also schneide ich mir einen Apfel und hoffe, dass mir dann etwas dazu einfällt. Pause. So ein Unterbrecher hilft doch ganz gut. Also was ich nicht mehr machen würde, meine Homebase weit weg von den Stationen, an denen ich mich am meisten aufhalte, zu wählen. Es wäre praktischer gewesen, eine bessere logistische Wahl zu treffen. Aber auch damit bin ich fertig geworden.

Was habe ich gelernt?

Dass man die Dinge, die einem wirklich wichtig sind, nicht hinausschieben sollte. Und dass es völlig egal ist, in welchem Alter man etwas Neues anpackt. Ich habe so viele junge Menschen getroffen, die einen Weg suchen, sich zu entdecken und zu verwirklichen. Das macht mir Mut, dass sich auch etwas in der Gesellschaft ändert. Nicht nur den Fokus auf die Arbeit sondern auch auf das, was einem wirklich wichtig ist und einen beglückt. Ich habe viele viele Jahre hart gearbeitet, meinen Sohn alleine großgezogen, nebenbei ein paar Bücher geschrieben und voll gearbeitet. Ich bin durch schwere berufliche Zeiten geglitten und habe dabei aber niemals meinen Optimismus und vor allem meine Neugier verloren. Und genau diese Neugier ist es, wo ich überzeugt bin, dass sie ein unendliches Energiepotential eröffnet, die uns auch jung hält und uns die Kraft gibt, etwas anzupacken, auszuprobieren. Und wenn man am einen oder andern scheitert, dann einfach wieder aufstehen und sich wieder orientieren.

Es gab unterwegs auch Tage, an denen ich mich einsam gefühlt habe. Dieses Gefühl war für mich neu. Zumindest habe ich dieses Gefühl schon sehr lange nicht mehr gehabt. Einsamkeit ist übrigens etwas anderes als alleine zu sein. Allein bedeutet, dass man nicht mit anderen zusammen ist. Einsamkeit ist ein schmerzhaftes inneres Gefühl. Man fühlt sich isoliert, verlassen. Das ist kein gutes Gefühl. Genau in diesen Zeiten habe ich auch meinen Sohn, meine Familie und Freunde vermisst. Deshalb war ich auch sehr glücklich, alle nach diesen vier Monaten Auslandsaufenthalt wieder in die Arme schließen zu können. Für mich war dies eine wichtige Erkenntnis. Nämlich, dass ich auch mit Einsamkeit umgehen kann. Sie kommt und geht auch wieder. Das allein sein wähle ich selbst. Wenn es zu viel Trubel gibt, dann ziehe ich mich zurück. Das Alleinsein ist für mich sehr positiv besetzt.

Wie geht es weiter?

Tja, ich bin auf der Suche nach einem neuen WG-Zimmer in der Mitte Deutschlands. Eine ganze Wohnung möchte ich zurzeit nicht beziehen. Das wären mir zu viele Verpflichtungen, die ich im Moment nicht haben möchte. Jetzt, wo die schöne Jahreszeit bald kommt, bleibe ich auf jeden Fall im Van. Und für die heißen Tage habe ich mir schon im letzten Jahr einen Lüfter einbauen lassen. Aber vielleicht mache ich auch beruflich noch etwas Neues? Mal sehen. Ich liebe einfach Herausforderungen!!! Jedenfalls habe ich noch genug Energie für die nächsten Aktionen. Hauptsache, ich bleibe gesund.

Vielleicht willst du wissen, ob ich weiterschreibe? Was meinst du? Interessiert dich, wie es weitergeht? Dann schreib das doch einfach in die Kommentare.

Bis dann. Bleib gesund und heiter.