Ich sitze im Garten bei Freunden auf Föhr und lasse meine letzte Woche Revue passieren. Es ist ein strahlender Sonnentag mit Wind, wie das auf dieser Insel meist üblich ist. Als ich gestern mit der Fähre hier angelandet bin war schon ein urlaubiges Treiben am Strand und in den Straßen von Wyk. Spitzmäßige Windverhältnisse haben zudem viele Surfer und Kiter aufs Wasser gelockt. Mutige sind sogar schon ins kalte Wasser gesprungen. Bei mir hat das nur für die Füße gereicht. Zudem muss man hier sehr weit laufen, bis man überhaupt an eine schwimmfähige Tiefe kommt. Und bei Ebbe ist es sowieso vorbei damit. Da wäre dann Wattwandern angesagt. Da ich einfach nur entspannen wollte habe mir gestern am Strandcafe einen Aperol Spritz genehmigt und das Treiben eine Weile betrachtet.

Heute früh ist nun mal wieder Blog schreiben dran. Was mich als Thema schon die ganze Woche umtreibt ist ein Thema, zu dem ich diese Woche interessanterweise einen Artikel auf LinkedIn gelesen und ihn leider heute nicht mehr gefunden habe.

Warum müssen Männer Frauen ungefragt Ratschläge geben!

Mein Kastenwagen ist ein ausgebauter Camper. Die Vorgängerin hat ihn Bruno genannt, also habe ich den Namen übernommen. Obwohl ich eigentlich einem Auto keinen Namen gebe. Aber so kann ich neugierigen Menschen, die fragen, mit wem ich unterwegs bin sagen. „Mit Bruno, der ist da hinten.“ Den Tipp habe ich von einer Camperfreundin.

So, aber nun zum Thema. Ende November habe ich mir einen ausgebauten 6 Meter langen Kastenwagen gekauft. Vor einem Monat dann noch einen Lastenträger für meinen Roller anbauen lassen. Zudem habe ich mir erst vor ein paar Wochen das Roller fahren beigebracht. Sonst war ich jahrzehntelang immer mit meinem Mountainbike unterwegs. Wegen Knieproblemen geht das aber leider nicht mehr. Letzte Woche nun versuche ich das 100 kg schwere Gerät an einer Böschung zu parken. Mein Bike konnte ich innerhalb von 2 Sekunden in die andere Richtung drehen. 100 kg hebe ich aber nicht hoch, sondern muss es eben anders drehen. Da spricht mich doch glatt ein vorbeigehender Familienvater an, wie ich das zu tun habe. Wohlgemerkt war ich gerade dabei, das zu tun. Trotzdem habe ich mich dazu genötigt gefühlt, mich zu rechtfertigen. Na, so ein Quatsch, dachte ich hinterher. Wieso muss ich mich dafür rechtfertigen? Weil ich das Gefühl hatte, ich muss ihm sagen, dass ich das sehr wohl weiß und auch kann? Oha, was sind das denn für Muster?

Ratschläge

Dieses Erlebnis hat mich dazu gebracht, mal darüber nachzudenken, wie viele Ratschläge ich jetzt schon seit dem Kauf meines Campervans von Männern bekommen habe. Ich kann sie nicht mehr zählen. Von „Was ich alles an Solar aufs Dach machen sollte und vor allem wie“ bis zu „Nimm statt einem Lastenträger für den Roller einen Anhänger, der ist billiger und flexibler“. Letzter Vorschlag kam von mehreren Männern und einer Freundin, die sich nun eine Anhängerkupplung an ihren Van hat anbauen lassen, um einen Hänger für den Transport verschiedener Sachen anzudoggen. Für sie ist das auch praktischer, da sie einen Garten hat, wo sie den Hänger auch mal für eine Weile stehen lassen kann. Ich habe meinen Roller permanent dabei. Wohlgemerkt sind diese Ratschläge immer „ungefragt“ erfolgt. Natürlich mache ich mich schlau, bevor ich etwas entscheide. Und greife auch gerne auf das Know-how „erfahrener“ Camper*innen sowie Fachleuten zurück. Ich versuche mittlerweile auch nicht mehr nachzuvollziehen, weshalb der andere meint zu wissen, was gut für mich ist? Ganz sicher ist das gut gemeint, aber eben aus der Perspektive der anderen Person. Meine Hypothese: Dies ist ein Mindset, dass Frauen mit manchen Dingen nicht so vertraut sind wie Männer. Insbesondere wenn es um technische Dinge geht. Das trifft auch sicher auf viele Frauen zu. Aber eben nicht auf alle. Wobei ich auch Frauen kenne, die das Nichtwisssen und -können als Strategie einsetzen. Und Männer, die dankbar sind, wenn sie ihnen zeigen dürfen, was sie können.

Welches Mindset könnte dahinter stecken?

Denken Männer, dass man Frauen generell helfen muss, ohne sich darüber Gedanken zu machen, ob diese das wünschen? In Spanien habe ich eine junge Frau getroffen die ihren 7 Meter Lieferwagen komplett alleine ausgebaut hat. Sie kennt jede Schraube, weiß, wie die Leitungen verlegt sind und was welche Funktion hat. Sie hat sich ein Solarsystem aufs Dach gebaut, dass sie bei Bedarf sogar aufstellen kann. In dem Van ist alles drin, was sie zum Leben und Arbeiten benötigt. Und wenn etwas nicht mehr funktioniert, kann sie das selbst reparieren. Damit ist sie seit Monaten in Europa unterwegs.

Frauenkompetenzen

Wenn ich dieses Mindset aufs Berufsleben übertrage, dann frage ich mich, wie viele schlaue, intelligente und kompetente Frauen dieses Verhalten in ihrem Arbeitsalltag erleben und ertragen. Wenn ihnen ihre Kompetenz so mir nichts dir nichts (vermutlich eher aus Gedankenlosigkeit) abgesprochen wird. Im schlimmsten Fall fühlen sich Frauen dadurch minderwertig.

Noch ein kurzer Nachsatz: Nachdem ich meinen Text in der ersten Ausführung geschrieben habe, bin ich hier auf Föhr kurz zum Strand und habe mich in den Sand gelegt und meine Augen geschlossen. Ein junger Vater kam mit seinem vielleicht 3jährigen Sohn Richtung Strand. Über eine Rampe fuhr der Kleine mit seinem Buggy mehrmals rauf und runter und hatte seinen Spaß dabei. Dann kletterte der Kleine auf eine Steinskulptur. Nun erklärte der Vater seinem Sohn auf eine Frage, dass dies Rost wäre. Worauf immer der Junge gezeigt hat, das konnte ich nicht sehen. Er erklärte dann: „Rost entsteht durch Wasser, Wind und Salz.“ Aha, denke ich, wieder was gelernt! Das war übrigens das Einzige, was er dazu zu sagen hatte. Plötzlich kreischt der Junge. Kommentar des Vaters: „Was’n das? Das machen doch nur Mädchen.“ Tja, so werden Glaubenssätze und Einstellungen von Generation zu Generation übertragen.

Meine Learnings diese Woche :

  • Lass dich nicht zu einer Rechtfertigung verleiten!
  • Hinterfrage deine Glaubenssätze und Einstellungen.

Dann bis nächste Woche. Bleib heiter!