Wachwerden mitten im Grünen mit Vogelgezwitscher. Das hat doch etwas. Wenn es nur nicht so fürchterlich kalt wäre. Der Blick auf das Thermometer zeigt mir 9 Grad. Ich kuschle mich noch mal so richtig ist warme Bett und schiebe das Aufstehen noch ein wenig hinaus. Doch der Kaffeedurst wird dann doch zu stark. Also springe ich aus dem Bett, mache schnell heißes Wasser, gieße den Kaffee auf und schlüpfe dann wieder mit dem dampfenden Getränk unter die warme Decke. Dort genieße ich den Kaffee und lese die Nachrichten. Im Van hat es jetzt schon immerhin 11 Grad, aber von der Sonne ist immer noch nichts zu sehen. (Zur Info: Ich habe Heizung im Auto, aber keine Lust, permanent die Gasflasche zu wechseln.)
Der ultimative Stresstest
Die Woche 2 begann schon mal damit, dass heftiger Dauerregen nicht nur außen am Van seinen Weg gesucht hat, sondern auch noch in die Schiebetüre hinein. Also erst mal schnell zum Händler und schauen lassen, was da los war. Ob sie den Fehler wirklich gefunden hatten, war denen auch nicht klar. Beim Regen gestern Nacht ist bis jetzt noch nichts eingedrungen. Hoffe, es bleibt so. Zwischendurch noch schnell die Wohnungsübergabe erledigt und mit den Lastenträger für meinen Roller anbauen lassen, was auch nicht ohne Nachrüstung geklappt hat. Weitere Stressoren waren der klägliche Abbau meines Internetvolumens. Wenn man im Büro oder Zuhause eine unbegrenzte Flatrate hat, ist man sich überhaupt nicht bewusst, wieviel Volumen ein einstündiges Teamsmeeting benötigt. Eine Stunde TEAMS frisst 1 Gigabyte. Bei mehreren Coachings diese Woche schrumpfte mein Volumen rasant zusammen. Dann noch ein paar Arbeiten an der Webseite, Nachrichten schauen, Mails schreiben … und schon ist man auf den letzten 3 Gigabyte und es liegt noch eine Woche vor mir. Also schnell eine Flatrate bestellt und jetzt werde ich mal beobachten, wie es damit klappt. Das war jetzt nur eine kleine Auswahl meiner Stressoren diese Woche. Wenn ich alle Hindernisse aufzählen würde, wäre kein Platz mehr für anderes. Diese Woche war die Woche der Terminverschiebungen. Da könnte ich mich doch glatt fragen, ob die Entscheidung zum Experiment vielleicht ein Fehler war – wo doch schon am Anfang so viel schiefläuft?
Falsche Entscheidung getroffen?
Vielleicht kennst du das auch. Nach reiflicher Überlegung hast du dich für einen neuen Job, ein unbekanntes Projekt, eine schwierige Aufgabe entschieden. Oder dich von deinem Partner, deiner Partnerin zu trennen. Der Job, die Aufgabe, das neue Leben hast du dir in bunten Farben ausgemalt und nach ein paar Tagen merkst du, dass es doch nicht so bunt ist. Kommen dir dann plötzlich Zweifel, ob deine Entscheidung richtig war? Hatten dich nicht andere vor diesem Schritt gewarnt und dir geraten, doch bei deinem tollen Job oder Partner*in zu bleiben, auch wenn du damit unzufrieden oder unglücklich bist? Hatten sie vielleicht recht? Hättest du den Schritt doch nicht wagen sollen?
Hürden überwinden
Ha, das ist schon die erste Probe für dich. Stehst du wirklich hinter DEINER Entscheidung? Bist du tatsächlich bereit, die damit verbundenen Hürden, Hindernisse und Ängste zu überwinden oder sehnst du dich nach deiner gewohnten Umgebung zurück, willst dich wieder ins Bekannte einkuscheln? Ist doch so vertraut! Auch wenn nicht alles passt. Es ist DEINE Entscheidung. ICH mache weiter!
Unterstützer finden
Auf der Suche nach Problemlösung in ich auf sehr hilfsbereite Menschen getroffen. Wenn die andern sehen, dass du Hilfe brauchst, und du dir nicht zu schade bist, um Hilfe zu bitten, dann klappt das auch. Mir haben die beiden Werkstätten umgehend und mit viel Engagement meine Probleme lösen können. Zudem konnte ich bei der Freundin schon mal die erste Wäsche waschen und trocknen und mir von ihrem Mann beim Einrichten meiner neuen Flatrate (was natürlich auch nicht ohne Probleme ging) helfen lassen.
Menschliche Schicksale
Jeder Tag in meinem neuen Leben ist anders. Wenn man sich immer wieder einen neuen Stellplatz suchen muss, trifft man unweigerlich auf andere Menschen. Damit ich nahe genug an meiner Werkstatt war, habe ich mir in deren Umgebung einen Stellplatz gesucht und gefunden. Dort war genau noch ein Platz frei. Kaum bin ich aus dem Auto ausgestiegen, hat mich auch schon mein Nachbar in Beschlag genommen. Wir haben uns dann ein paar Minuten in die herrliche warme Sonne gesetzt und uns unterhalten. Wenn man selbst offen und kommunikativ ist, öffnen sich auch Fremde. Mit Mitte 40 bekam er die Diagnose Leukämie. Danach lange Behandlungen, Scheidung, Haus und Job verloren und in der Folge frühverrentet.
Was ich an ihm wirklich sehr schätze ist, dass er trotz seiner negativen Erlebnisse seine positive Geisteshaltung und die Bejahung zum Leben beibehalten hat. Mit keinem Wort jammerte er über sein Schicksal. Da rückten meine Probleme von dieser Woche plötzlich völlig in den Hintergrund und erschienen mir doch ziemlich banal. Er hat für sich die beste Lösung gefunden und sich vor 3 Jahren ein großes Wohnmobil gekauft. Seitdem lebt er darin und fühlt sich wohl. Zum Wäschewaschen fährt er zu seinen Töchtern und zum Duschen auch mal ins Schwimmbad. Er genießt diese neu gewonnene Freiheit, morgens im Grünen aufzuwachen und immer wieder neue Menschen kennenzulernen oder wenn Bekannte zu einem Schwatz vorbeikommen. Trotz seiner durch die Krankheit entstandenen Behinderungen hat er sich sein Leben so eingerichtet, wie es ihm gefällt. Davor habe ich großen Respekt.
Unbekanntes Terrain bewältigen
Wenn du dich auf eine Veränderung einlässt, dann bedeutet das tatsächlich, dass du deine Komfortzone verlassen musst. Da setze ich das Wort „musst“ ganz bewusst ein. Du begibst dich erst mal auf unbekanntes Terrain. Dass da nicht alles sofort so funktioniert, wie du es dir erträumt hast, dürfte doch wohl klar sein, oder? Denn natürlich malen wir uns in Gedanken das Endresultat aus, das Ziel, das wir erreichen wollen. Ist ja auch richtig, denn dahin soll es uns ja ziehen! Nur vergessen wir manchmal, dass dahin auch ein Weg führt. Und das ist nicht immer die glatt asphaltierte Straße. Da gibt es Offroad-Strecken, die überwunden werden müssen. Manchmal brauchen wir auch eine Machete, um uns durch einen Dschungel zu winden. Da geht’s dann vielleicht auch ein wenig langsamer oder man muss mal wieder ein Stück zurück und eine andere Möglichkeit suchen.
Und natürlich tauchen auch Ängste auf. Aber die sind dazu da, konfrontiert und bewältigt zu werden. Nur so wächst du und entwickelst deine Persönlichkeit. Bist du also bereit für eine Veränderung, einen Neuanfang? Für mich gibt es nicht einen Funken Zweifel an meiner Entscheidung. Sie fühlt sich richtig gut an, auch mit den momentanen Unzulänglichkeiten.
Learnings diese Woche:
- Vertraue darauf, dass es Menschen gibt, die bereit sind, dir zu helfen und nimm diese Hilfe auch dankbar an. (Selbst wenn es manchmal schwerfällt.)
- Betrachte Probleme und Herausforderungen mit Abstand. Lass dich davon nicht irritieren oder von deinem Vorhaben abbringen. Wenn du in 3 Monaten über dieses Problem nachdenkst, was hat es dann noch für eine Bedeutung?
- Egal, was das Schicksal dir vorlegt. Du entscheidest, was du daraus machst.
Bis nächste Woche!
Liebe Hanne,
ich kann es dir so nachfühlen! Als wir damals nach Mallorca umzogen, hatten wir am Abend des Einzugs einen Schwelbrand im Haus. Zwei Wochen intensives Schrubben mit unserer Vermieterfamilie stellten klar die Frage: Wollen wir das wirklich?
Irgendwie können hier auf der Insel so gut wie alle Bekannte davon erzählten, wie sie sich gefordert fühlten durch unvorhersehbare Umstände, ob der Schritt der richtige ist.
Bin gespannt, wie du darauf in drei Monaten zurückblicken wirst. Ich brauchte damals tatsächlich die doppelte Zeit, damit mir nicht mehr die Tränen in die Augen stiegen.
Herzliche & sonnige Grüße, Doris